Weltzugvogeltag

Wieso, weshalb, warum fliegen die Zugvögel ...

Wer kennt es nicht: Man sitzt an einem schönen Herbsttag in der Natur und hört plötzlich dieses charakteristische Trompeten am Himmel. Die Kraniche sind wieder auf dem Zug gen Süden – ein untrügliches Zeichen, dass es langsam Winter wird. Viele beschleicht mit der beginnenden Reise der Zugvögel auch ein Gefühl des Fernwehs und der Wehmut. Die Vorstellung einfach dorthin fliegen zu können, wohin man möchte, fasziniert die Menschen schon seit jeher. Dies gilt auch für die unglaublichen Leistungen, die von den Zugvögeln jedes Jahr wieder aufs Neue vollbracht werden. Obwohl der Vogelzug die Menschen schon seit Menschengedenken an in ihren Bann zieht und er seit Jahrzehnten Gegenstand intensiver Forschung ist, sind bis heute viele Mechanismen und Dinge, die der spektakulärsten Reise im Tierreich zugrunde liegen, nicht vollständig geklärt.

 

In diesem Blog-Eintrag möchten wir euch pünktlich zum Weltzugvogeltag Wissenswertes über den Vogelzug, die damit einhergehenden Gefahren für die Vögel und einige atemberaubende Beispiele nennen und so einen Einblick in die spannende Reise der Zugvögel geben.

 

Der Weltzugvogeltag, der erstmals 2006 über das Umweltprogramm der Vereinten Nationen eingeführt wurde, möchte jedes Jahr zu den Zeiten des Zuges im Frühling und Herbst Aufmerksamkeit auf die Schönheit und gleichzeitig die Schutzbedürftigkeit unserer Zugvögel und deren Lebensräume richten. Denn am Ende sind es wieder einmal wir Menschen, die die größten Gefahren schaffen auf der oft tausenden Kilometer langen Reise der Zugvögel. Da die Zugvögel auf ihrem Zug etliche Ländergrenzen und Regionen im Flug passieren, ist zum Schutz der Tiere durch länderübergreifende Maßnahmen und Kooperationen, eine internationale Zusammenarbeit unerlässlich. Daher werden an dem Weltzugvogeltag weltweit zahlreiche Veranstaltungen für die Öffentlichkeit wie beispielsweise Vogelbeobachtungen und Vorträge organisiert. Die Motivation dafür beschreibt die Untergeneralsekretärin der Vereinten Nationen und Exekutivdirektorin des UN-Umweltprogramms wie folgt:

 

„Zugvögel sind Zeugen der dreifachen globalen Krise – Klimawandel, Verlust der biologischen Vielfalt und Umweltverschmutzung – und werden von dieser beeinflusst. Fortschritte bei der Eindämmung des Klimawandels und des Verlusts der biologischen Vielfalt sind für das Überleben der Zugvögel von entscheidender Bedeutung. Die Reise eines Zugvogels kennt keine Grenzen, und deshalb sollte auch unsere Reaktion auf die weltweite Krise keine Grenzen kennen. Ich rufe uns alle auf, mehr zu tun und zu handeln, um die Zukunft aller Arten auf diesem Planeten zu schützen“.

 

Was ist ein Zugvogel und welche Formen des Vogelzuges unterscheidet man?

 

Weltweit gibt es schätzungsweise 50 Milliarden Zugvögel. Als Zugvogel bezeichnet man alle Vögel, die verschiedene Jahreszeiten an unterschiedlichen Orten verbringen. Dabei unterscheidet man zwischen dem Brutgebiet und dem Überwinterungsgebiet einer Art. Deutschland beherbergt etwa 250 Brutvogelarten, von denen der größte Teil zu den Zugvögeln zählt und den Winter in den Überwinterungsgebieten Südeuropas und Afrikas verbringt. Im Gegenzug gibt es ca. 60 Vogelarten, die sich als Wintergäste vornehmlich aus dem Baltikum, Skandinavien und Russland bei uns in Deutschland aufhalten. Hierzu zählen beispielsweise der elegante Seidenschwanz oder der kleine Merlin-Falke. Doch Zugvogel ist nicht gleich Zugvogel. Je nach zurückgelegter Distanz und Überwinterungsgebiet werden folgende Zugformen unterschieden:

 

Kurzstreckenzieher: Pendeln zwischen den mitteleuropäischen Brutgebieten und den Winterquartieren des wärmeren Südeuropas und Nordafrikas.

 

Bsp.: Rotmilan, Star, Singdrossel, Rotkehlchen

 

Mittelstreckenzieher: Pendeln zwischen den europäischen Brutgebieten und den zentralafrikanischen Winterquartieren. Auch gibt es Brutvögel aus Russland oder Skandinavien, die in Mitteleuropa überwintern.

 

Bsp.: Graugans, Kranich, Hausrotschwanz

 

Viele Kurzstreckenzieher können auch Mittelstreckenzieher sein. Bei uns in Deutschland zählen etwa 1/3 der Zugvögel zu diesen Zugformen.

 

Langstreckenzieher: Pendeln zwischen mitteleuropäischen Brutgebieten und den südafrikanischen Winterquartieren.

 

Bsp.: Kuckuck, Rauchschwalbe, Mauersegler, Wespenbussard

 

Langstreckenzieher ziehen überwiegend nachts, allein oder in losen Gruppen und zu festen Flugzeiten. Etwa 2/3 der in Deutschland lebenden Zugvögel sind Langstreckenzieher.

 

Teilzieher: Bei manchen Arten zieht nur ein Teil der Brutpopulation im Winter in den Süden. Die zurückgelegten Strecken sind dabei meist nicht besonders weit und betragen in der Regel zwischen 1000 km und 2000 km. So gibt es beispielsweise Rotkehlchen, die als typische Standvögel den Winter bei uns in Deutschland verbringen, manche ziehen allerdings auch gen Süden in den Mittelmeerraum.

 

In den letzten Jahrzehnten konnte beobachtet werden, dass durch die weltweit steigenden Temperaturen immer mehr Zugvögel den Winter auch in ihren Brutgebieten verbringen. So können beispielsweise Mittel- und Kurzstreckenzieher wie der Rotmilan oder der Star inzwischen häufig im Winter auch bei uns in Deutschland beobachtet werden.

 

Warum ziehen Zugvögel überhaupt im Winter weg, wie orientieren sie sich auf ihrer Reise und welchen Gefahren sind sie bei ihrem Zug ausgesetzt?

 

Der wichtigste Grund für den Wegzug der Zugvögel aus dem Brutgebiet ist weniger, wie häufig angenommen, die im Winter herrschenden niedrigen Temperaturen, sondern viel mehr das geringe Nahrungsangebot in dieser Zeit. Alle Vögel, egal ob Körnerfresser oder Insektenfresser, sind zur Aufzucht ihrer Brut auf tierische Proteine angewiesen – häufig in Form von Insekten. Diese sind bekanntermaßen im Winter im Brutgebiet in nur äußert geringer Zahl vorhanden.

 

Bis heute sind die Mechanismen, mit denen die Zugvögel sich auf ihrer Reise orientieren nicht abschließend geklärt. Jedoch weiß man, dass sie sich mit Hilfe eines „inneren Kompasses“ am Erdmagnetfeld orientieren können. Weiterhin spielen bei manchen Arten der Sternenhimmel und der Sonnenstand eine wichtige Rolle. Auch können Zugvögel sich entlang bestimmter Landmarken wie Flüssen, Gebirgen, Lichtquellen und Autobahnen orientieren und sich diese merken. Inwieweit der Geruchssinn der Vögel beim Zug Richtung Süden eine Rolle spielt, ist bislang nicht vollständig geklärt.

 

Welchen Gefahren sind Zugvögel auf ihrer Reise ausgesetzt?

 

Jedes Jahr ziehen etwa 5 Milliarden Zugvögel von Europa nach Afrika. Auf ihrer Reise sind sie etlichen Gefahren ausgesetzt, die in den meisten Fällen menschengemacht sind. So werden jährlich tausende von Zugvögeln illegal von Wilderern geschossen, mit Netzen gefangen und zum Teil als Delikatesse gegessen. Ein weiteres großes Problem ist, dass viele Lebensräume, die die Vögel auf ihrer Reise als Rastplätze traditionell anfliegen, immer mehr verschwinden durch den Landraub und die Landnutzung des Menschen weltweit. Diese Rastplätze sind allerdings enorm wichtig für die Vögel, um Energie zu tanken und Ruhephasen einzulegen. Auch finden viele Zugvögel immer weniger Nahrung in ihren Überwinterungsgebieten und weichen bei ihrer Nahrungssuche oft auf Mülldeponien aus, auf denen sie sich oft vergiften. Ein weiteres Problem, welches vor allem in den letzten Jahren zugenommen hat, ist die steigende Lichtverschmutzung, die sich nachweislich auf viele Vogelarten negativ auswirkt und in einer Orientierungslosigkeit, insbesondere beim nächtlichen Zug, zeigt. Weltweit nimmt künstliches Licht jedes Jahr um 2 % zu und führt zu Kollisionen von Vögeln mit Gebäuden und bringt ihre innere Uhr durcheinander.

 

Rekorde des Vogelzugs

 

Die Leistungen der Zugvögel auf ihrer jährlichen Reise sind atemberaubend. Egal ob Kurz – oder Langstreckenzieher, oft jagt ein Superlativ den nächsten. Ein paar extreme Beispiele möchten wir euch hier vorstellen:

 

Längster Non-Stop Flug: Im Jahr 2020 wurde durch eine besenderte Pfuhlschnepfe nachgewiesen, dass diese auf ihrer Reise von Alaska bis nach Neuseeland über den pazifischen Ozean in 9 Tagen und 8 Std. eine Strecke von mehr als 12.000 km ohne Zwischenstopp zurücklegte.

 

Längste Reise insgesamt: Die etwa 100 g schwere Küstenseeschwalbe fliegt jedes Jahr von ihrem Brutgebiet am arktischen Nordpol zu ihrem arktischen Überwinterungsgebiet am Südpol hin und zurück und legt dabei innerhalb von 12 Monaten eine Strecke von mehr als 70.000 km zurück.

 

Kleinster Zugvogel der Welt: Mit ca. 6 g Körpergewicht und einer Flügelspannweite von 8 – 10 cm, zählt der Rubinkehlkolibri zu den kleinsten Zugvögeln der Welt. Auf seiner Reise, die ihn sogar den Golf von Mexico überqueren lässt, kann er dabei bis zu 2000 km weit ohne Zwischenstopp fliegen.

 

 

 

Autor: Matthias Overmann

Als Ornithologe und Biologe unterstützt Matthias das Team mit seinem Fachwissen und versorgt uns mit den wissenschaftlichen Neuigkeiten rund um die Themen Vogelfütterung und Ornithologie. Ihn treibt insbesondere das dramatische Artensterben an, weshalb er sich schon seit Jahren im Naturschutz engagiert.

„Die Vogelfütterung ist eine der einfachsten Arten, Vögeln etwas Gutes zu tun“

Das könnte Sie auch interessieren

Was der Klimawandel mit den Zugvögeln macht

Unser Ornithologe Matthias hat uns hier einmal einen kleinen Bericht zu den Einflüssen des Klimawandels bzgl der ....

Kiebitz - der Vogel des Jahres 2024

der vom NABU gekürte Vogel des Jahres

Stunde der Wintervögel 2024

Hier findest du alles was du zur alljährlichen Stunde der Wintervögel wissen musst

Feuerwerk an Silvester - was sagen unsere Vögel dazu ?

Verzicht auf Feuerwerk und Böller an Silvester mit Rücksicht auf Tiere und Natur

Wahl zum Vogel des Jahres 2024

Deine Chance zur Mitbestimmung - wähle den Vogel des Jahres 2024